© 2023 HEIDI PFOHL I PHOTOGRAPHY & MEDIA ARTIST
Was verraten die Wände von Patientenzimmern, Aufenthaltsräumen, Behandlungszimmern und Krisenräumen? Mag es bei der Materialität dieser Wände um die reine Funktionalität gehen wie beispielsweise abwischbare Kacheln in Bädern, unauffällige ruhige Tapeten in Patientenzimmern und gepolsterte Materialien in Krisenräumen, so bleibt die Frage nach einer Spur, eines Rückstands oder gar einer Hinterlassenschaft: Besitzen diese Wände Zeichen, die Rückschlüsse auf die Funktionalität des Raumes oder gar auf die Bewohner_Innen des Raumes zulassen und könnte man hier sogar von einer indexikalischen Beschaffenheit sprechen?
In der Erweiterung der Peirce’schen Semiotik entwickelt Rosalind Krauss in ihren Essays Anmerkungen zum Index I und II (2000) eine Logik der Fotografie, die jedoch nicht an die Fotografie gebunden ist: Sie gesteht die indexikalische Funktion auch anderen (nicht fotografischen) Verfahren zu, die unter anderen materiellen Bedingungen entstehen, trotzdem aber dem Paradigma des Abdrucks und der Spur – also einer physischen Verbindung – folgen. Laut Krauss ist diese Logik des Index äquivalent zur Fotografie, da jede Fotografie das Ergebnis eines Abdrucks sei, der durch Lichtreflexion auf eine lichtempfindliche Oberfläche übertragen wird. Spuren und Abdrücke werden demnach fotografisch gelesen, weil die Fotografie eine indexikalische Beziehung zu ihrem Gegenstand hat. Dieser Idee folgend zeigt die Arbeit Wände unterschiedlicher Räume der Psychiatrie in Nahaufnahmen und Ausschnitten und untersucht deren Hinterlassenschaften.